Eine stürmische Zeit für die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker
Wir haben die letzten 10 Jahre kompakt in einer Chronologie dargestellt. Unsere Mitglieder haben den Artikel vorab bereits Anfang Juli 2025 auf der Mitglieder-Website lesen können, ebenso unsere Abonnenten und Mitglieder gedruckt in der WIR.Heilpraktiker des III. Quartals.
Eine Chronologie seit 2015
2015 Beginn der Medienkampagne
In einer bis dahin beispiellosen Medienkampagne wurde ein schlimmer aber trotzdem Einzelfall in einer Heilpraktikerpraxis dramatisiert. Der damalige Strafpozess machte mit einer umfangreichen Beweisaufnahme deutlich, welche Verfehlungen vorgekommen waren, der damals Noch-Heilpraktiker wurde verurteilt. Er ist kein Heilpraktiker mehr. Es gibt und gab keinerlei Hinweise oder Fakten, die eine Verallgemeinerung auf unseren Beruf zulassen würde.
2016-2018 Reform des Heilpraktikergesetzes
Am 23.12. 2016 wurde unter der damaligen CDU/CSU/SPD-Regierung der Bundeskanzlerin Merkel das Heilpraktikergesetz und die dazugehörige Durchführungsverordnung reformiert. Z.B. wurde geändert, dass nicht wie bisher auf eine „Volksgesundheit“ abgestellt wird, sondern auf die „Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten“.
In Sachen Ausbildung wurde festgeschrieben: „Das Bundesministerium für Gesundheit macht Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern bis spätestens zum 31. Dezember 2017 im Bundesanzeiger bekannt. Bei der Erarbeitung der Leitlinien sind die Länder zu beteiligen.“ Diese Leitlinie wurde am 22.12.2017 im Bundesanzeiger veröffentlicht und trat am 22.03.2018 in Kraft.
Diese Leitlinie führte bundeseinheitliche Überprüfungsstandards ein, die auch Maßstab für die Ausbildung in den Heilpraktikerschulen wurden. Sowohl die Änderungen im Gesetzestext als auch die Leitlinie fand und findet die Zustimmung der Heilpraktikerverbände.
Inzwischen haben sich bundeseinheitliche Überprüfungszeiten (2 x Jahr) und die zentrale Erstellung der Überprüfungsfragen durch das Gesundheitsamt Solingen (NRW) weitgehend durchgesetzt.
2018-2021 Die Zeit der juristischen Gutachten zum Heilpraktikerrecht
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2018 (CDU/CSU/SPD) wurde vereinbart: „Im Sinne einer verstärkten Patientensicherheit wollen wir das Spektrum der heilpraktischen Behandlung überprüfen.“
Das Bundesministerium für Gesundheit brachte 2019 demzufolge ein Rechtsgutachten zu unserem Beruf auf den Weg gebracht. Bestimmte Medien nutzten diesen einfachen Vorgang, um an 2015 anzuschließen und Stimmung gegen uns zu machen („Die Heilpraktiker werden abgeschafft, Spahn gibt Gutachten in Auftrag“). Nichts davon entsprach der Realität.
Zur Klärung der Lage trugen 2021 zwei Heilpraktiker-Berufsverbände mit der Beauftragung eigener Gutachten zum Heilpraktikerrecht bei (FH sowie BDH).
Der vom Gesundheitsministerium beauftragte Gutachter legte seine Arbeit 2021 vor. Er kam wie die Gutachter der Berufsverbände zu klaren Ergebnissen. Die wichtigste rechtlich fundierte Erkenntnis war und ist: Ein Abschaffen des Heilpraktikerberufes ist verfassungsrechtlich nicht möglich.
Dies wurde in einer Anhörung des Bundesministeriums für Gesundheit im November 2021mit über 50 Verbänden aus dem Gesundheitsbereich (auch den Heilpraktikerverbänden) eindrucksvoll bestätigt.
2019 Gesundheitsministerkonferenz der Länder
Die Arbeitsgruppe Heilpraktikerwesen der Gesundheitsministerkonferenz hatte vor 6 Jahren im November 2019 ein ausführliches Papier zur Heilpraktikerreform vorgelegt. Kernthemen sind die sektoralen Heilpraktiker, die Injektionstechniken und Ausbildungsfragen. Das Heilpraktikergesetz ist ein Bundesgesetz und legt den Rahmen unseres Berufes fest. Die Ausgestaltung ist Sache der Bundesländer.
2021-2024 Empirisches und historisches Gutachten
Mitte 2023 wurde ein weiteres Gutachten durch das BMG in Auftrag gegeben. Die Unkenntnis der Politik und Verwaltung über unseren Beruf soll durch ein empirisches Gutachten (Daten-Sammelgutachten) beendet werden. Dieses Gutachten (wir und die Heilpraktikerverbände haben die Erstellung mit unseren Möglichkeiten unterstützt) wurde im Oktober 2024 dem BMG übergeben, ist aber bisher nicht veröffentlicht worden.
Ein weiterer immer wieder erhobener Vorwurf ist eine angebliche Nähe unseres Berufes zum Nationalsozialismus. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Dr. Felix Klein initiierte am 3.12.2024 ein Symposium in Berlin: „Historische Perspektiven auf Entstehung und Folgen des Heilpraktikergesetzes von 1939“. Acht hochkarätige Referentinnen und Referenten beleuchteten das Thema von allen Seiten mit dem Ergebnis: Medizinhistorische Untersuchungen konnten keine außergewöhnliche oder bedeutsame Verbindung der Heilpraktiker zum Nationalsozialismus nachweisen.
Um deutlich zu machen, dass wir uns offen der Auseinandersetzung stellen, haben Verbände der Gesamtkonferenz ein Gutachten bei der renommierten Robert-Bosch-Stiftung in Auftrag gegeben, das noch in diesem Jahr veröffentlich wird. Freie Heilpraktiker e.V. gehört zu den Auftraggebern.
2025 Eine neue Regierung
Inzwischen haben wir eine neue Bundesregierung, eine neue Gesundheitsministerin und einen neuen Bundestag. Das Heilpraktikergesetz scheint nicht an vorderster Stelle der Agenda „Reform des Gesundheitsbereich (Krankenkassenfinanzierung, Krankenhausfinanzierung, Pflegefinanzierung) zu stehen.
Uns wurde im Juni 2025 eine Veröffentlichung des empirischen Gutachtens auf der Website des BMG zugesagt.
Ob sich aus dem empirischen Gutachten ein Regelungsbedarf ergeben wird, kann vor der Veröffentlichung nicht seriös eingeschätzt werden. Es würde uns aber wundern, wenn plötzlich ein Handlungsbedarf entdeckt wird.
Quellen und weitere Informationen
https://freieheilpraktiker.com/infos-fuer-presse-politik/217-fall-brueggen-angeklageerhebung
https://freieheilpraktiker.com/mitgliederbereich/berufliche-regelungen/99-ueberpruefungs-leitlinien
Veröffentlicht in der WIR.Heilpraktiker III. Quartal sowie im Mitgliederbereich unserer Website am 01.07.2025. Veröffentlichung auf dieser Website am 30.07.2025