Ihre Tätigkeit zur Feststellung, Linderung und Heilung von Krankheiten gründet auf Vorstellungen und Verfahren aus der Tradition der Naturheilkunde, die in Diagnostik und Therapie zu allen Zeiten nach dem Ganzheitsprinzip vorging, weil sie sich an den Gesetzmäßigkeiten der Natur auch der inneren Natur des Menschen orientierte.

Damit ist die Naturheilkunde der Heilpraktiker/innen grundsätzlich unabhängig von Zeitströmungen, Systemzwängen oder dem jeweils herrschenden Wissenschaftsbild, wiewohl die Heilpraktiker/innen wissenschaftlich gesicherte Forschungsergebnisse und Erkenntnisse in Ihrer Tätigkeit selbstverständlich berücksichtigen.

Die Heilkunde der Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker
Die Naturheilkunde basiert auf einem Naturbegriff, der sich in der Tatsache des Lebens äußert. Die möglichst vollkommene Erhaltung des Lebens durch sich selbst organisierende Systeme und Ordnungsprinzipien scheint dem Heilpraktiker das Endziel der Schöpfung zu sein. Der Respekt vor diesen als sinnvoll anerkannten Gesamtzusammenhängen bestimmen sein Denken und Handeln.

Sie sehen die wahrnehmbaren Veränderungen bei ihren Patient/innen als Ausdruck wechselnder äußerer und innerer Bedingungen und Ursachen und versucht, diese ganzheitlich in ihren Gesamtzusammenhängen zu erfassen, sie nach den Kriterien seines naturheilkundlichen Modells zu bewerten und zu ordnen. Sie werden die Patient/innen im Sinne der Ordnungstherapie über die Zusammenhänge ihres Leidens aufklären, deren Erkenntnis hierüber fördern und sie nach dem naturheilkundlichen Modell (lege artis) therapieren.

Gesundheit ist für die Heilpraktiker/innen die Bewahrung der Integrität einer Persönlichkeit in seiner Geist-Körper-Seele-Einheit. Die Selbstheilungskräfte sind keine speziellen oder spezifischen Kräfte, sondern Ausdruck der allgemeinen Heilkraft der Natur, die in der Lebenskraft einer Persönlichkeit begründet sind. Die Lebenskraft ist das Wirken eines mehr oder weniger einverständlichen und harmonischen Zusammenspiels aller organischen Strukturen, Funktionen, Energien, Informationen, geistiger und seelischer Kräfte. Im Gegensatz zur eindeutig bestimmbaren Quantität ist die Lebenskraft ein Qualitätsbegriff. Deren Eigenschaften lassen sich nur durch das Verhalten einer Gesamtpersönlichkeit beurteilen. Ein ganzheitliches System besitzt grundsätzlich Funktionseigenschaften, die keines seiner Teile besitzt und die nur durch die Vernetzung seiner Elemente und Elementarprozesse erklärbar sind.

Die Stabilität und Integrität eines biologisch ganzheitlichen Systems ist so geschützt und abgesichert, dass eine Ursache allein diese in der Regel nicht zu stören vermag, hierzu bedarf es eines gewissen Komplexes und Spektrums von verursachenden und störenden Bedingungen, die von dem ganzheitlichen System nicht mehr kompensiert werden können und zu Störungen der Gesundheit und Krankheit führen. Die Naturheiltherapie zielt deshalb darauf ab, durch die Beseitigung der Bedingungen, die eine Krankheit hervorrufen, unterhalten und fördern, dem gestörten biologischen System die Möglichkeit zu geben durch Selbstorganisation die Gesundheit wiederherzustellen.

Die Heilpraktiker/innen stellen deshalb nicht nur die Krankheit als einen objektiven Tatbestand fest, sondern richten ihr Augenmerk auch auf die Gesamtperson des Kranken, die für die Erkenntnisse über den Krankheitsverlauf auch prognostisch in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt.

Neben anamnestischen und klinischen Daten ziehen die Heilpraktiker/innen zur Erkenntnisgewinnung der gestörten Integrität eines Kranken deshalb die Beurteilung von Konstitution, Temperament, Disposition und Diathese mit heran. Dabei kommen die typischen qualitativ beurteilenden naturheilkundlichen Diagnoseverfahren, wie z.B. die Augendiagnose, die Pulsdiagnose, oder auch bioenergetische Verfahren zum Einsatz.

Die daraus folgenden therapeutischen Überlegungen zielen auf das Begünstigen der Selbstheilungskräfte zu einem natürlichen Heilverlauf, ob es um eine Entlastung und Entgiftung des Organismus durch Aus und Ableitungsmethoden geht, ob es durch Simulieren von Störungen, die durch Übung zu einer verbesserten Anpassung konditionieren sollen, geschieht, wie in der Homöopathie oder Hydrotherapie, ob es durch gezielte Erregung von Kompensationssystemen geschieht, wie in der Humoralpathologie und Physiotherapie, ob mit der Behandlung durch eine ähnlich biologische Systematik auf die ebenso biologischen Entsprechungen und Ähnlichkeiten im Menschen abgezielt wird, wie es über die reine Stofflichkeit hinaus bei der Phytotherapie, Biochemie und Spagyrik geschieht, ob eine Schonung der Systeme das Ziel der Therapie ist, wie bei einer speziellen Diät oder Lebensweise, ob es um die nach einer Konstitutionsdiagnose erkannten Möglichkeiten in bezug auf die Entwicklung potentieller genetischer Möglichkeiten geht, wie in der Verhaltens-, Sozio- oder Psychotherapie, oder ob es um die vielen weiteren Formen der Anwendung regulatorisch-naturheilkundlicher Therapie- und Arzneianwendungen mineralischer, pflanzlicher oder tierischer Herkunft geht.

Heilpraktiker/innen regen bei ihrer Behandlung stets die natürlichen Selbstheilungskräfte an. Der Vielfältigkeit neuer diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten, die diesem Ziel dienen, und Eingang in das Behandlungsspektrum der Heilpraktiker/innen finden können, sind auch in der Zukunft keine Grenzen gesetzt. Entscheidend ist allein, ob Verfahren der Theorie der Naturheilkunde entsprechen und "lege artis" nach den Regeln der Kunst angewendet werden können.

Das Verhältnis zu den Patientinnen und Patienten
Da der Kranke in seiner ganzheitlichen Persönlichkeit im Mittelpunkt naturheilkundlicher Erwägungen steht, ergibt sich zwischen Heilpraktiker/innen und Patient/innen ein Verhältnis, das von gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Respekt geprägt ist. Heilpraktiker/innen sehen sich weniger als Fachautorität für Krankheitsreparatur, vielmehr als Mitmensch des Hilfesuchenden. Heilpraktiker/innen gehen davon aus, dass der Patient, der zu ihnen findet, wesentliche Merkmale seiner Krankheit mitbringt: Erscheinung, Gang, Gestik, Sprache, Dynamik, Geruch und natürlich die berichteten Symptome des Befindens.

Heilpraktiker/innen öffnen sich den Patient/innen, nehmen sie an, hören ihnen zu. Sie verknüpfen und strukturieren ihre Beobachtungen und das Berichtete mit ihren Erfahrungsmustern, um einerseits daraus sein therapeutisches Vorgehen abzuleiten und andererseits den Patienten über die Zusammenhänge seiner Probleme aufzuklären sowie für eine aktive und mitverantwortliche Unterstützung bei den therapeutischen Bemühungen zu gewinnen. Das Verhalten der Heilpraktiker/innen den Patienten gegenüber ist von fachlichem und mitmenschlichem Engagement geprägt mit dem Ziel, den Patienten zu ebensolchem Engagement anzuregen für eine gesunde, vernünftige und den erkannten Krankheiten, Konstitutionsschwächen angemessene Lebensführung im Sinne einer Ordnungstherapie.

In einem durch langjährige Erfahrungen entstandenen Vertrauen ist es das Ziel der Heilpraktiker/innen ein so persönliches Verhältnis zu ihren Patient/innen aufzubauen und sie so genau kennenzulernen, dass sie der Verantwortung, bei allen Problemen gestörter Integrität, Ratgeber sein zu können, guten Gewissens gerecht werden. Die Heilpraktiker/innen empfinden sich als geeignete Ansprechpartner und sinnvolle Ergänzung eines aufgeklärten und für seine Gesundheit mitverantwortlichen Bürgers in unserer Gesellschaft.

Aufgaben

Die Heilpraktiker/innen haben in erster Linie die Aufgabe, die individuellen gesundheitlichen Bedürfnisse der Bürger, über das Angebot der offiziellen medizinischen Bedarfsdeckung des Gesundheitswesens hinaus, ergänzend und alternativ zu erfüllen.

Damit erfüllen sie auch eine gesellschaftliche Aufgabe: Sie verhindern in den ihnen eigenen Bereichen gesundheitlicher Versorgung eine unserer demokratisch pluralistischen Gesellschaft unangemessenen Monopolstellung der institutionalisierten Medizin und bilden praktisch eine Regulativfunktion, in dem durch ihr Wirken nicht nur die Therapiefreiheit sinnvoll gewahrt wird, sondern auch die Wahlfreiheit der Bürger nach einem/einer von ihnen persönlich bevorzugten Therapeut/in.

Diese soziologische Funktion erfüllen die Heilpraktiker/innen als eigenständige Behandler/innen unabhängig davon, ob einige Therapien die wissenschaftliche Anerkennung erlangen und/oder Eingang in die allgemeine Medizin finden. Außerdem vervollständigen sie das Spektrum naturheilkundlicher Verfahren über evtl. auch von der wissenschaftlichen Medizin übernommener Methoden hinaus und leisten mit diesem Angebot wiederum einen unverzichtbaren Beitrag zur Therapiefreiheit und Therapievielfalt.

Darüber hinaus erfüllen die Heilpraktiker/innen durch ihre eigene Art der Heilkunde auch Aufgaben für die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt, in dem sie ihre Patient/innen grundsätzlich zu einer gesunden Lebensweise, speziell im Bereich der Ernährung, anhalten.

Weiterhin ist ihnen besonders in Zeiten wissenschaftlichen Dogmatismus der Medizin die Aufgabe zugefallen, Bewahrer/innen der traditionellen und komplementären Heilkunde sowie der reinen Naturheilkunde zu sein.  Heilpraktiker/innen haben die Pflege der Tradition dieses wichtigen Kulturgutes unserer Bevölkerung übernommen und halten dieses bis auf den heutigen Tag in Theorie und Praxis lebendig, besonders in Bereichen, die von der offiziellen Medizin dogmatisch verdrängt oder ignoriert werden.

Entwicklung und Geschichte

Schon immer hat es Menschen gegeben, die bei erkrankten Mitmenschen erfolgreicher Hilfe leisten konnten als andere, ein Umstand, den man ihrer natürlichen Heilbegabung zuschrieb. Sie gilt, zusätzlich zu Erlernbarkeit und Können, bis auf den heutigen Tag als wünschenswerte Eigenschaft für den Beruf der Heilpraktiker/innen.

Heilkundige mit einer solchen Grundvoraussetzung gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen mit ihrem Weltbild, entsprechend der unterschiedlichen Ausprägung ihres "Medizinischen Modells".

In unserem Kulturkreis fußt die Heilkunde, auf die sich der Heilpraktiker/innen bis heute beruft, auf den Säftelehren des griechischen Altertums, die sich im wesentlichen über das Mittelalter bis in die Humoralpathologie der Neuzeit erhalten haben.

Dieses Vorstellungsmodell, in das von Beginn an die Pflanzenheilkunde integriert war, erwies sich als äußerst erfolgreich. Auch wenn es seit der Gründung von Universitäten mit der scholastischen Medizin neben den Heilbehandlern aus der Bevölkerung die Behandlung durch universitäre Ärzte gab, gingen doch beide lange Zeit von gemeinsamen Grundvorstellungen in der Heilkunde aus. Erst mit der Anerkennung der Virchowschen Zellularpathologie im vorigen Jahrhundert gehen akademisch-ärztliche Medizin und Naturheilkundler in ihren Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit getrennte Wege.

Als Reaktion auf die neue wissenschaftliche Medizin formierte sich zum Ende des 19. Jahrhunderts auch die empirische Heilkunde neu mit dem Gebot, in ihren Heilweisen den Weg der Natur nachzuvollziehen, möglichst natürlich zu behandeln, auf jeden Fall aber nicht zu schaden.

Diese Heilkunde speiste sich aus 3 Quellen:

- der geistig-philosophischen Bewegung des ausgehenden 18. Jahrhunderts
- der volksmedizinischen Bewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts
- den Impulsen, die auf antikes Gedankengut zurückgriffen.

Die Homöopathie Hahnemanns, die in der wissenschaftlichen Medizin praktisch keinen Stellenwert hatte, wurde von Anfang an von diesen naturheilkundlich orientierten Heilkundigen anerkannt und in ihre heilkundliche Tätigkeit integriert, was ihr wesentlich zu der heutigen Verbreitung und Popularität verhalf.

Für die gesamte Entwicklung seit dem Mittelalter stehen beispielhaft Namen wie:
- Äbtissin Hildegard von Bingen als namhafteste Vertreterin der Klostermedizin, deren Heilkunde aber auch von tiefer Mystik durchdrungen war.
- Paracelsus als Vertreter einer universellen und breitgefächerten heilkundlichen Tätigkeit über die Alchemie bis zur Spagyrik.
- Bauer Vincenz Prießnitz als Begründer der Wasserheilkunde und Erfinder des heute noch hochgeschätzten Prießnitzwickels.
- Fuhrmann Johann Schroth als Vertreter des Heilfastens und der Diätetik mit seiner Schrothkur.
- Pfarrer Sebastian Kneipp, der für die Erneuerung und Erweiterung der Wasserheilkunde sowie für eine gesunde Lebensweise steht, u.a. mit seinem Grundlagenwerk "So sollt Ihr leben".
- Pastor Emanuel Felke, der wegen seiner Lehmbäder den Beinamen "Lehmpastor" erhielt. Ihn kann man in besonderer Weise wegen seiner breitgefächerten naturheilkundlichen Tätigkeit als Vater der Heilpraktiker/innen ansehen. Seine Schwerpunkte lagen auf so heilpraktiker/innen-typischen Verfahren wie Augendiagnose, Pflanzenheilkunde und Homöopathie, aus der er erstmalig auch ein Komplexmittelsystem entwickelte.

Von der Antike bis zur Neuzeit waren der freien Ausübung der Heilkunde keinerlei Grenzen gesetzt. In den breiten Bevölkerungskreisen geschah dies überwiegend durch die Heilkundigen aus dem Laienstand. Hierbei wurden die alten Methoden kontinuierlich weiterentwickelt und führten zu den neuen Verfahren des 19. Jahrhunderts. Die Aufhebung der allgemeinen Kurierfreiheit 1851 beendete den bisherigen Rechtszustand, konnte die Weiterentwicklung jedoch nicht entscheidend hemmen. Nach Wiedereinführung der Kurierfreiheit 1869 formierten sich die unterschiedlich orientierten Heilkundigen, wie z.B. Kräuterheiler/innen, Knochenrenker, Homöopath/innen und Magnetopath/innen, kontinuierlich zu einem Berufsstand.
Gemeinsame Aktivitäten in den aufkommenden allgemeinen Gesundheitsbewegungen sowie Gründung von Ausbildungsstätten und Berufsverbänden waren ein Indiz für die endgültige Formierung eines neuen Berufsstandes. Das Heilpraktikergesetz von 1939 reglementierte die weitere Tätigkeit der Heilkundigen mit einer behördlichen Erlaubnis und legte die Berufsbezeichnung HEILPRAKTIKER (heute: Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen) fest. Nach Inkraftsetzung des Gesetzes konnten weitere Erlaubniserteilung nur noch in besonders begründeten Ausnahmefällen erworben werden. Zwischen 1952 und 1956 wurde diese Einschränkung, die quasi einem Ausbildungs- und Zulassungsverbot gleichkam, auf dem Rechtsgebiet der BRD als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar aufgehoben. Das Heilpraktikergesetz wurde damit die rechtliche Grundlage für die "Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne als Arzt bestallt zu sein".

Beschlossen am 26. Juli 1995 in Düsseldorf, geändert durch Beschluss am 30. August 1996. 

BDH FDH FH FVDH UDH VDH

Anmerkung: Das Berufsbild von 1996 ist die gemeinsame Ausarbeitung von sechs Heilpraktikerbundesverbänden. Ein derartiges Berufsbild kann selbstverständlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben und auch nicht alle Aspekte und Besonderheiten unseres Berufes in seiner Vielseitigkeit, mit seiner großen Spannbreite wieder spiegeln. Es gibt jedoch einen kleinen Einblick in die Entwicklung und den Anspruch unseres Berufes.