Im Mai 2024 hatten wir unsere Mitglieder über den FH-Newsletter befragt:
 Was ist unser Wesenskern, was macht uns unverzichtbar?


Stellen Sie sich vor: Eine Journalistin sagt: Das war alles sehr schön erklärt, aber nun bitte in einem Satz, wir haben nicht viel Zeit in der Sendung bzw. Platz im Artikel.
 Oder ein Politiker sagt: Ich brauche für die parlamentarische Ausschusssitzung zwei Sätze zu den Heilpraktikern.
 Wie würden Sie das auf den Punkt bringen?

Zwei Antworten aus vielen möchte ich hier zitieren:
„Heilpraktiker zählen zu den wichtigsten Hütern naturheilkundlichen,
 sehr alten Wissens; sie sind unverzichtbar für die Gesellschaft, heute und in Zukunft!“

„Wir sind im direkten menschlichen Kontakt zum Patienten, legen Hand an durch unsere Untersuchungen und beziehen komplexe Verbindungen sowie sein soziales Umfeld in unsere Therapie ein! Eine menschlich-fachliche Gesamtschau des Patienten“

Warum wir uns über unseren Wesenskern überhaupt Gedanken machen sollten? Es geht letztlich um die Frage, worin wir uns im Gesundheitsbetrieb von anderen Heilkunde-Berufen unterscheiden. Es sei daran erinnert, dass unser verfassungsrechtlicher Schutz der Berufs- und Berufsausübungsfreiheit eng verknüpft ist mit der deutlichen Abgrenzbarkeit gegenüber anderen eigenständig arbeitenden Medizinberufen und hier vor allem der Ärzteschaft.

Unsere Berufsbezeichnung ist „Heilpraktikerin bzw. Heilpraktiker“. Es spielt dabei erst einmal keine Rolle, welche Therapiemethoden ausgeübt werden. Es gibt keinen Beruf Osteopath, Chiropraktiker, Homöopath, Akupunkteur, Heilpflanzentherapeut u.v.m. Ohne die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, der Heilpraktiker-Erlaubnis, kann niemand neben der Ärzteschaft eigenständig eine heilkundliche Therapie anwenden, kommunizieren und publizieren.

Durch die sog. sektoralen Teil-Heilpraktiker hat eine Art Zersplitterung begonnen, die Verwirrung stiftet. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Podologen, Logopäden können eingeschränkte Heilpraktiker sein. Wird also hierdurch unser Wesenskern unscharf und verwässert? Und gibt es dies auch innerhalb der uneingeschränkten Heilpraktikerschaft? Die sektoralen Psychotherapeuten gehören übrigens nicht in diese Aufzählung, sie erhalten ihre Berechtigung zwar auch nach dem Heilpraktikergesetz, dies aber aus Abgrenzung zum Psychotherapeutengesetz.

Bei einer möglichen Neufassung unserer gesetzlichen Grundlagen werden wir die Fragen nach unserem Selbstverständnis beantworten müssen.
Wir, die Berufsverbände und wir, die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker.

Dieter Siewertsen 
Vorsitzender Freie Heilpraktiker e.V.

(Aus dem Editorial der Zeitschrift WIR.Heilpraktiker, Ausgabe Okt.-Dez. 2024)

PS: „Warten auf Godot“ nannte der Schriftsteller Samuel Beckett sein gleichnahmiges Drama. Es geht dabei vor allem um langes und vergebliches Warten.
Darin unterscheidet sich allerdings unsere heutige Situation von Becketts Drama. Wir werden nicht vergeblich warten, wir kennen nur das Ergebnis noch nicht.