Heilpraktiker besitzen eine eigenständige medizinische Handlungskompetenz, sie werden nicht durch Weisungen Dritter tätig. Vielmehr besitzen auch Heilpraktiker ein Delegationsrecht gegenüber den unselbständigen Gesundheitsdienstberufen wie Physiotherapeuten u.a.

Heilpraktiker werden in der unmittelbaren Patientenversorgung tätig. Sie erbringen ihre medizinische Leistungen selbständig und eigenverantwortlich. Dies unterscheidet sie von sämtlichen anderen Gesundheitsfachberufen. Die Rechtsgrundlage folgt aus § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes. Demnach bedarf derjenige einer Erlaubnis, der die Heilkunde ausübt, ohne als Arzt bestallt zu sein.

Nach Absatz 2 ist Ausübung der Heilkunde „jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“

§ 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz berechtigt die Inhaber einer Heilpraktiker-Erlaubnis also dazu, die Heilkunde grundsätzlich ohne Einschränkungen auszuüben. Heilpraktiker besitzen damit arztähnliche Kompetenzen: Sie dürfen umfassend diagnostisch und therapeutisch tätig werden, sofern kein ausdrücklicher Arztvorbehalt existiert (s. unten).

Das Bestehen der Heilpraktikerüberprüfung erfordert eine mehrjährige Vorbereitung bzw. private Ausbildung und den Erwerb schulmedizinischer Basiskenntnisse. Dem Heilpraktiker wird durch die bestandene Heilpraktikerüberprüfung vor dem Gesundheitsamt attestiert, keine Gefahr für die Gesundheit der Bürger darzustellen. Die Heilpraktikerüberprüfung beinhaltet zwar Elemente einer Fachprüfung. Sie soll jedoch in erster Linie den Bürger vor Gefahren bewahren und gilt deshalb als Gefahrenabwehr-Überprüfung.

Seit dem 22.12.2017 sind durch eine Reform des Heilpraktikergesetzes bundeseinheitliche Überprüfungs - Leitlinien für alle überprüfenden Gesundheitsämter und alle Berufsanwärter, die die Heilkunde ausüben möchten, rechtsverbindlich.

Bundesweit müssen nun schriftliche und mündliche Prüfungen mit hohem medizinischen Niveau abgelegt werden. Sowohl theoretische Kenntnisse, als auch praktische Fähigkeiten im Bereich der Anamnese, Untersuchung und Laborbefundauswertung müssen nachgewiesen werden.

Lesen Sie hier einen Auszug aus den neuen Prüfungsbedingungen, welche Kenntnisse nachzuweisen sind:

Die medizinischen Kenntnisse müssen sich über alle menschlichen Organsysteme in Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und Pathologie erstrecken.

Auch Erkrankungen der Psyche, der Sinnesorgane, während der Schwangerschaft, im Kindesalter oder im Bereich der Geriatrie gehören dazu.

Ärztliche Befunde muss ein Heilpraktikeranwärter lesen und bewerten können, muss berufsbezogene Diagnosen stellen und einen Behandlungsplan entwickeln, von dem für die Patienten keine Gefahren ausgehen dürfen.

Relevante Rechtsvorschriften z.B. Patienten-Rechte-Gesetz mit Dokumentationspflicht, Infektionsschutzgesetz mit Arztvorbehalten, Heilmittelwerbegesetz mit Einschränkungen für die Bewerbung der Behandlung von Krebserkrankungen hat der Heilpraktiker zu beachten; Kenntnisse der Hygienevorschriften und Regeln des Qualitätsmanagements; Notfallsituationen müssen sicher erkannt und im Handeln beherrscht werden.

Damit hat ein Heilpraktiker in Zukunft ein umfassendes Ausbildungsspektrum zu durchlaufen und kann die Berufsausübung nur erlangen, wenn all diese Kenntnisse und Fähigkeiten anwendungssicher in der amtsärztlichen Überprüfung gezeigt worden sind.

Mit der Gesetzesänderung werden die Bundesländer verpflichtet, in ihrer Verwaltung bei der Abnahme der Überprüfungen für die Berufserlaubnis ein weitgehend bundeseinheitlich gestaltetes Niveau zu sichern. Behörden haben damit einen direkten Einfluss auf die Zulassung und Kontrolle von Heilpraktiker-Praxen.

Eine Anpassung der Rechtslage für die sektoralen Heilpraktiker in medizinischen Berufen wie Physiotherapie und Podologie bleibt weitgehend in der Hand der Bundesländer. Hier ist weiterhin mit Unterschieden in der Länderpolitik zu rechnen.

Anhang

Bestimmte medizinischen Tätigkeiten dürfen durch Heilpraktiker nicht vorgenommen werden. Dies gilt insbesondere für folgende Bereiche:

Allein Ärzte sind berechtigt
verschreibungspflichtige Medikamente zu verordnen,
Ausübung der Zahnheilkunde,
Behandlung von Personen,
die an einer bestimmten übertragbaren Krankheit leiden oder dessen verdächtig sind oder die mit einem bestimmten Krankheitserreger infiziert sind,
Indikationsstellung und Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen,
Kastrationen,
Organentnahme beim Organspender,
einschließlich der Aufklärung vor einer Organentnahme beim lebenden Organspender,
Entnahme einer Blutspende,
Vornahme einer künstlichen Befruchtung, der Übertragung eines menschlichen Embryos auf eine Frau und die Konservierung eines menschlichen Embryos sowie einer menschlichen Eizelle, in die bereits eine menschliche Samenzelle eingedrungen oder künstlich eingebracht worden ist,
Anordnung und Anwendung von Röntgenstrahlen zur Untersuchung oder Behandlung von Menschen,
Verabreichung und Verschreibung von Betäubungsmitteln,
Verschreibung bestimmter Arzneimittel im Sinne des § 48 AMG,
Verschreibung bestimmter Medizinprodukte,
Aufklärung vor einer klinischen Prüfung nach dem AMG und dem MPG,
Leistung von Geburtshilfe sowie die Leichenschau und Ausstellung eines Totenscheins.