Unser anwaltliches Schreiben an Panorama wurde in ungeahnter Menge von unserer Website abgerufen, geteilt, heruntergeladen. Wir wissen nicht, wieviele Beschwerdebriefe an die Panorama-Redaktion und den Presserat gingen, es dürfte aber ein Sturm gewesen sein. Sie waren dort überrascht, wie groß der Protest ist. Und sie sind sichtlich genervt, dass sie sich rechtfertigen müssen. Der NDR hat eine Antwort-Stellungnahme versandt, die von rechtlicher und faktischer Naivität und Uneinsichtigkeit zeugt.

Wir werden nicht locker lassen.


Die komplette10-seitige Stellungnahme kann heruntergeladen und ohne weitere Genehmigung weiter verteilt werden. Sollte es Reaktionen geben, bitten wir um eine kurze Information:
Juristische Stellungnahme von Dr. R. Sasse und dem Berufsverband Freie Heilpraktiker e.V.

 

Zusammenfassung
des anwaltlichen Schreibens Dr. R. Sasse vom 11.11.2019 
im Auftrag des Berufsverbandes Freie Heilpraktiker e.V. an die Panorama-Redaktion

Der TV-Beitrag vom 31.10.2019 diskreditiert den gesamten Berufsstand der Heilpraktiker in pauschaler, unangemessener und unsachlicher Art und Weise. Er enthält schwerwiegende Recherchefehler.

Bereits die Überschrift des YouTube Beitrages weckt Bedenken. Sie lautet:
Immer wieder setzen Heilpraktiker die Gesundheit von Patienten aufs Spiel. Das zeigen Recherchen von MedWatch. Dennoch wird der Beruf kaum reguliert. Experten fordern: Schafft die Heilpraktiker ab!

Diese Behauptungen erfolgen ins Blaue hinein. Tatsächlich existieren kaum empirische Belege dafür, dass Heilpraktiker ihre Patienten gefährden. Solche Belege werden in dem Beitrag auch nicht genannt; es wird ausschließlich über spektakuläre Ausnahmefälle berichtet. Zudem ist unklar, auf welche „Experten“ sich dieser Passus bezieht. Die im Beitrag interviewten Personen sind sicherlich auf ihrem Fachgebiet Experten, jedoch weisen ihre Aussagen darauf hin, dass sie keine vertieften Kenntnisse über das Berufsrecht der Heilpraktiker besitzen.

Der Beitrag selbst enthält zahlreiche inhaltliche Mängel. Mein Mandant sieht die journalistische Sorgfaltspflicht erheblich verletzt. Diese erfordert es, Vermutungen, Gerüchte und unbestätigte Meldungen als solche zu kennzeichnen; die Recherche muss sorgfältig und unter Berücksichtigung aller Aspekte eines Themas durchgeführt werden.

Der Beitrag führt zu einer Vorverurteilung /einer/ Heilpraktikerin. Der Pressekodex fordert jedoch die Beachtung der Unschuldsvermutung: Berichterstattungen über Strafverfahren und ähnliches sollen frei von Vorurteilen erfolgen.

Zu korrigieren ist (jedoch) die Aussage, dass das Gesundheitsamt die Praxis nicht schließen könne, sofern dort Patienten gefährdet würden. Das Gesundheitsamt führt die Aufsicht über Heilpraktikerpraxen und verfügt über aufsichtsrechtliche Sanktionsbefugnisse. Heilpraktiker sind zudem in vielfacher Weise reglementiert. …Es fragt sich jedoch, weshalb das Gesundheitsamt untätig geblieben ist.

Der Heilpraktiker muss für jedes von ihm ausgeübte Therapieverfahren hinreichend fachlich qualifiziert sein. Andernfalls liegt bereits in der Übernahme der Behandlung ein Übernahmeverschulden. Heilpraktiker haben grundsätzlich die gleichen Sorgfaltspflichten bei der Berufsausübung zu beachten wie Allgemeinmediziner. Sie müssen zwar nicht über umfassende heilkundliche Fachkenntnisse und Fähigkeiten verfügen, dürfen Patienten aber nur im Rahmen ihres persönlichen Könnens behandeln. Das Patientenrechtsgesetz hat mit § 630a Abs. 2 BGB einen Fachstandard für Heilpraktiker gesetzlich verankert. Heilpraktiker sind demnach verpflichtet, die Behandlung grundsätzlich am Binnenstandard der Heilpraktikerschaft auszurichten.

Es irritiert, dass der Leiter eines Gesundheitsamtes seine eigenen aufsichtsrechtlichen Mittel offenbar nicht kennt und Unkenntnis über das Heilpraktikerrecht offenbart. Der Vergleich mit dem „Verkauf von Würstchen, der angeblich stärker reguliert sei“, ist polemisch, sachlich falsch und für den – zur Neutralität verpflichteten - Leiter eines staatlichen Gesundheitsamtes vollkommen unangemessen. Dies gilt ebenso für die Forderung nach einer Abschaffung des Heilpraktikerberufs, da durch Heilpraktiker niemand profitieren, jedoch alle Patienten gefährdet würden. Auch die generelle Aussage „Heilpraktiker würden Patienten gefährden und Heilversprechen tätigen ist schlichtweg falsch. Konkrete Nachweise bleibt der Bericht schuldig.

Die im Bericht getätigte Aussage „Ein kurzer Test beim Gesundheitsamt genüge, um Heilpraktiker zu werden“ ist unzutreffend.
Die aktuellen Leitlinien des Bundesgesundheitsministeriums definieren Inhalt, Umfang und formelle Ausgestaltung der Heilpraktikerüberprüfung, dies gilt insbesondere für das zur Ausübung des Heilpraktikerberufs erforderliche medizinische Wissen.
Die Leitlinien des Bundesgesundheitsministeriums erhöhen das Überprüfungsniveau. Die antragstellende Person muss unter Anwendung ihrer medizinischen Kenntnisse, unter Einbeziehung vorliegender Befunde, gestützt auf ihre Anamnese und im Bewusstsein der Grenzen ihrer diagnostischen und therapeutischen Methoden sowie möglicher Kontraindikationen in der Lage sein, eine berufsbezogene Diagnose zu stellen, aus der sie einen Behandlungsvorschlag herleitet, der keine Gefährdung der Patientengesundheit erwarten lässt. Die antragstellende Person muss insbesondere dann, wenn der Behandlungsvorschlag die Anwendung invasiver Maßnahmen beinhaltet, in der Lage sein zu zeigen, dass sie diese Maßnahmen ohne Gefährdung der Patientengesundheit anwenden kann.

Anders als bei akademischen Heilberufen, ist die der Überprüfung vorgelagerte Ausbildung nicht staatlich normiert. Es existiert keine gesetzliche Ausbildungs- oder Prüfungsordnung für Heilpraktiker. Im Hinblick auf die Anforderungen der Überprüfungen ist jedoch eine umfangreiche Ausbildung erforderlich; diese wird überwiegend an privaten Heilpraktikerschulen absolviert.

Sofern in dem Bericht gefordert wird, das Siegel „staatlich geprüfter Heilpraktiker“ abzuschaffen, sei hierzu angemerkt, dass ein solches Siegel nicht existiert. Vielmehr werden Heilpraktiker, welche die Bezeichnung „staatlich geprüft“ nutzen, abgemahnt. Vorgegeben ist lediglich die Bezeichnung „Heilpraktiker“.

Aus den genannten Gründen dürfte es dringend geboten sein, den TV-Beitrag aus der Mediathek sowie der Videoplattform YouTube zu entfernen, oder die unzutreffenden Aussagen zu korrigieren. Mein Mandant möchte sich aktuell nicht auf formale rechtliche Anspruchsgrundlagen berufen, obwohl solche durchaus nahe liegen. Er ist vielmehr um Kooperation und sachliche Aufklärung bemüht.

Mein Mandant fordert keine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Nach der Auffassung meines Mandanten schadet der Beitrag in seiner aktuellen Fassung wegen seiner Fehler, Polemik und Einseitigkeit dem Ansehen Ihres renommierten – und durchaus geschätzten - Magazins.

Sollten unwahre Aussagen über den Heilpraktikerberuf in Zukunft wiederholt werden, muss mein Mandat davon ausgehen, dass diese Schilderungen vorsätzlich erfolgen. In diesem Fall wird er seine Rechte und diejenigen seiner Mitglieder konsequent verfolgen.

 

Was ist noch zu tun?
Wir haben zudem bereits seit über einem Jahr die Links und Möglichkeiten der zielgerichteten Beschwerde allen Interessierten zur Verfügung gestellt und dies sowohl über unseren Newsletter, unsere Website und die digitalen Medien publiziert:
Journalistische Sorgfaltspflicht und die Beschwerdemöglichkeiten

In diesem aktuellen Fall können Beschwerden unter folgendem Link direkt an den NDR gerichtet werden:
Panorama: NDR-Beschwerdemöglichkeit

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Kurz-Info: Die 10 Säulen des Heilpraktikerberufes
Das große Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht